Beim letzten Heimspiel der Saison empfingen wir die 6. Mannschaft des SV Horst-Emscher, die in der Tabelle nur ein halbes Brettpünktchen hinter uns auf dem 2. Platz lag. Die Gelsenkirchener reisten in Bestbesetzung an – es war also von vornherein klar, dass sie nicht gekommen waren, um Höflichkeiten auszutauschen oder Gastgeschenke zu verteilen. Tatsächlich wurde es der härteste Mannschaftskampf der Saison.
Wir traten mit Joris, Marco, Swantje, Simon und Qixiang an – eine Mischung aus Jugend und Erfahrung, die sich in den bisherigen Kämpfen bewährt hatte. Umso härter traf uns der erste Schlag. Bereits nach einer halben Stunde musste Simon sich an Brett 4 ergeben. Angesichts eines drohenden Turmverlusts sah er keinen Sinn in der Fortsetzung der Partie. Was war passiert? In einer offen geführten Eröffnung wurde auf beiden Seiten viel abgetauscht. Dabei vernachlässigte Simon zunächst seine Entwicklung und übersah dann das drohende Abzugsschach mit Materialgewinn. Eine viel zu schnelle und sehr vermeidbare Niederlage.
Ein früher Rückschlag wirkt bekanntlich nicht gerade beruhigend, aber immerhin sah es an allen anderen Brettern ganz vernünftig aus. Den nächsten Schock erlitten wir erst nach zwei Stunden Spielzeit. Qixiang verlor seine Partie. Da ich zu sehr mit meinem eigenen Spiel beschäftigt war, konnte ich die Entwicklung an Brett 5 nicht verfolgen. Die Eröffnung sah solide aus – ich nehme an, dass Qixiang irgendwelchen Verwicklungen im Mittelspiel nicht standhalten konnte. Der 0:2-Rückstand kam zwar nicht überraschend, fühlte sich aber trotzdem wie eine drohende Niederlage an.
Zum Glück hatte sich Swantje an Brett 3 mit stoischer Ruhe zwei Mehrbauern erspielt, die im folgenden Doppelturm-Endspiel eigentlich zum Sieg gereicht hätten. Doch natürlich kam es anders. Swantje spielte das Endspiel etwas planlos und viel zu lässig, verlor folgerichtig die beiden Mehrbauern und fand sich schließlich in einer aussichtslosen Remisstellung wieder. Na ja, man kann halt nicht jedes Spiel gewinnen. Beim Zwischenstand von 0,5:2,5 standen wir nun mit dem Rücken zur Wand. In den noch laufenden zwei Partien durften Joris und ich keinen Punkt mehr abgeben.
Der Verlauf meiner Partie stimmte mich zunächst gar nicht optimistisch. Ich war von Anfang an damit beschäftigt, sehr konkrete Drohungen meines sehr erfahrenen Gegners abzuwehren, und hatte lange Zeit das Gefühl, über kein ausreichendes Gegenspiel zu verfügen – mit Weiß, wohlgemerkt. Nur mühsam gelang es mir, den Aktionsradius meiner Figuren zu vergrößern, wodurch ich meinem Gegner immerhin eine Qualität abnehmen konnte. Die Drohungen gegen meinen etwas exponierten König blieben jedoch konkret, und meine strukturellen Probleme konnte ich nur häppchenweise lösen. Erst als ich mich mit Dame und zwei Türmen gegen Dame, Turm und Läufer frei bewegen konnte, wurde klar, dass sich die Partie zu meinen Gunsten gedreht hatte. Letztlich landeten wir nach knapp fünf Stunden Spielzeit in einem für mich gewonnenen Endspiel mit Turm gegen Läufer, und als mein Gegner seinen letzten Bauern nicht mehr verteidigen konnte, gab er auf.
Fast zeitgleich endete auch die Partie an Brett 1. Hier sah es lange nicht nach einer klaren Entscheidung aus. Allerdings konnte Joris (Bild) mit einem vorgerückten Freibauern auf der a-Linie die Kräfte seines Gegners binden und in dessen Stellung eindringen. Die größere Aktivität der Schwerfiguren machte hier den Unterschied. Als das Matt nicht mehr zu verhindern war, gab der Gelsenkirchener Spieler auf. Der Kampf war gerettet.
Mit dem insgesamt gerechten, wenn auch hart umkämpften 2,5:2,5 sind beide Mannschaften nun sicher aufgestiegen. Das letzte Spiel der Saison ist – abgesehen von der Frage, ob wir die Tabellenspitze bis zum Schluss verteidigen können – bloß noch ein Schaulaufen. Ein riesiger Erfolg, insbesondere da dies unsere allererste Saison überhaupt gewesen ist. In der kommenden Saison dürfen wir dann herausfinden, ob unsere Substanz für die Bezirksklasse reicht.