Unser gestriges Ligaspiel gegen die 3. Mannschaft von Schwarz-Weiß Oberhausen brachte vor allem zwei Erkenntnisse: Auch ein superstarker Spieler kann mal einen schwachen Moment haben – und in einem tollen Team holen dann eben andere die Kohlen aus dem Feuer.
Wenn man genau hinsieht, hatten gleich drei unserer Spieler nicht ihren besten Tag. Aber der Reihe nach. Zunächst einmal mussten wir leider auf Joris als Spitzenspieler verzichten und allesamt ein Brett hochklettern. Als Ersatz rückte wieder unser Jugendvereinsmeister Fedaa Aldin Abrash (Foto oben) ins Team.
Die erste Partie endete bereits nach anderthalb Stunden. Die Geschichte ist ebenfals schnell erzählt. An Brett 5 spielte Swantje eine gewohnt solide Partie und hatte mit den weißen Steinen permanent einen leichten Vorteil. Dann griff sie jedoch fehl: Sie schickte ihren schwarzfeldrigen Läufer auf eine hoffnungslose Mission ins feindliche Lager, was dem Gegner eine lästige Gabel und in der weiteren Folge einen Bauerngewinn mit plötzlichem Stellungsvorteil ermöglichte. Swantje war frustriert und klug genug, das sofortige Remisangebot ihres Gegenübers zu akzeptieren.
Roland erspielte sich an Brett 7 wie immer mit einer Engelsgeduld eine druckvolle Stellung und holte dann zum entscheidenden Schlag aus – mit dem kleinen Haken, dass dafür die Zeit noch gar nicht reif war. Sein Springer krachte dramatisch in die gegnerische Königsstellung und wurde zu Rolands Verblüffung ganz einfach durch den König höchstselbst geschlagen. Diese logische Antwort hatte unser Spitzenspieler völlig ausgeblendet. Fortan spielte er mit einer ganzen Figur weniger weiter und ließ sich später in eine dreifache Stellungswiederholung verwickeln, welche sein Gegner eifrig zum Remis reklamierte. Eine kuriose Partie.
Das waren auf dem Papier zwei Unentschieden, die sich auf einer persönlichen Ebene wie Niederlagen anfühlten, im Gesamtbild aber völlig in Ordnung waren, denn an anderen Brettern lief es für uns durchaus angenehmer.
Fedaa, der bisher in jedem Mannschaftskampf als Ersatzspieler zum Einsatz kam, aber trotz seines großen Potenzials noch immer auf seinen ersten Erfolg wartete, wollte es diesmal wissen. Er spielte sich konzentriert durch die Eröffnung und nutzte einen verunglückten Angriffsversuch seines Gegners eiskalt und mit taktischem Scharfsinn zum Turmgewinn aus. Diesen materiellen Vorteil brachte er in der Folge sicher nach Hause und steuerte so den ersehnten Punkt bei.
Meine eigene Partie verlief ebenfalls erfreulich, obwohl ich zum dritten Mal hintereinander mit den schwarzen Steinen spielen musste. Zwar hatte ich zuvor noch nie vom Rasa-Studier-Gambit in der Caro-Kann-Verteidigung gehört, welches ähnliche Ideen und Gefahren wie das Blackmar-Diemer-Gambit birgt, aber da ich keine große Lust auf taktische Verwicklungen verspürte, lehnte ich den geopferten Bauern schlichtweg ab, entwickelte mich solide und nutzte eine positionelle Ungenauigkeit meines Gegners zu einem echten Bauerngewinn. In der Folge wurde die Stellung stark vereinfacht und ging in ein für mich sehr komfortables Turmendspiel mit zunächst einem und später einigen Mehrbauern und leichtem Sieg über.
Damit stand es trotz der zwei gefühlten Niederlagen nach gut zwei Stunden 3:1 für uns. André Stuhrmanns leicht unglückliche Partie an Brett 6 habe ich nicht wirklich mitverfolgt, da es dort lange Zeit eher ausgeglichen zuging. Obwohl er eigene Chancen hatte, unterschätzte André vielleicht die gegnerischen Angriffsmöglichkeiten, woraus sich schließlich seine erste Saisonniederlage und der Zwischenstand von 3:2 aus unserer Sicht ergab.

Nun liefen noch drei Partien. Laut Statistik hatte noch keiner der drei verbliebenen Spieler in dieser Saison einen vollen Punkt eingefahren. Es hätte also rein statistisch noch sehr knapp und sogar desaströs enden können. Simon Knufs Partie sah tatsächlich lange Zeit nicht nach einem Sieg aus. Dann jedoch verirrte sich die Dame des Gegners in der falschen Hälfte. Um sie aus der Umzingelung der schwarzen Figuren zu befreien, musste sich ein treues Pferd opfern. Doch auch nach dieser Befreiungsaktion sah sich Simons Gegner direkten Mattdrohungen sowie positionellen Problemen ausgesetzt – und gab prophylaktisch die Partie auf. Simons erster Saisonsieg zum 4:2 brachte uns nun in eine großartige Ausgangslage.
Der andere Simon (Pöhler) musste sich dieweil eines mutig vorrückenden Freibauern am Damenflügel erwehren. Aber wie das mit vorrückenden Freibauern so ist – sie brauchen eine Menge Unterstützung. Da der Gegner diese nicht gewährleisten konnte, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen, einigte man sich auf ein Remis. Dies bedeutete zugleich den Mannschaftserfolg, da wir damit bereits 4,5 Punkte auf dem Gemeinschaftskonto verbuchen konnten.
Insofern erfüllte die Partie an Brett 1 bloß noch dekorative Zwecke. Andererseits spielte dort auf unserer Seite immerhin der frisch gebackene Oberhausener Senioren-Stadtmeister Norbert Raygrotzki. Die Stellung war eher geschlossener Natur, aber mit der Tendenz, dass vor allem Norbert entscheidende Durchbrüche starten konnte. Genau das tat er auch, der Druck wurde unwiderstehlich, und der folgerichtige Sieg erhöhte das abschließende Mannschaftsergebnis auf 5,5:2,5.
Damit führen wir auch nach dem 3. Spieltag ungeschlagen, besser noch: mit drei Siegen in Folge, die Tabelle der Bezirksklasse an und gehen gewissermaßen als Herbstmeister in die kurze Winterpause. Unser nächstes Ligaspiel findet am 11. Januar in Osterfeld statt. Wer Lust auf ein starkes und erfolgreiches Team hat, kann sich uns bis dahin gerne noch schnell anschließen.

